Anzeige (06/2021): BAG, SwissMedic
„Medizinprodukt-Sicherheitsproblem der Risikorechner der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie (AGLA) und der Schweizerischen Herzstiftung (HerzCheck)„
Auszug aus dem Rechtsgutachten Prof. Kieser Januar 2021:
“ Insgesamt zeigen damit die begleitenden Informationen, dass das AGLA-Berechnungsinstrument nicht einhalten kann, was gemäss Informationen gewährleistet sein soll.
Damit wird das heilmittelrechtliche Hauptziel der Gewährleistung von Sicherheit und Leistungsfähigkeit nicht eingehalten. Swissmedic (Schweizerisches Heilmittelinstitut) einerseits und das Bundesamt für Gesundheit anderseits werden auf entsprechende Anzeige hin die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten haben.
Wenn – was im Gutachten als plausibles Ergebnis festgehalten wird – das AGLA-Berechnungsinstrument ein Medizinprodukt ist – sind die Strafbestimmungen des Heilmittelgesetzes massgebend. Art. 86 und Art. 87 HMG umschreiben die strafbaren Tatbestände. Es wird abzuklären sein, ob einer dieser Tatbestände durch das konkret einzuordnende Verhalten erfüllt ist.“
Problem Beschreibung
Die Medizinprodukte
«AGLA Rechner» und «HerzCheck»
berechnen das Risiko für Herzinfarkt. Systematisch wird behauptet,
diese Medizinprodukte würden
das kardiovaskuläre Risiko berechnen.
Dies ist eine Falschaussage.
Das den Patientinnen und Patienten kommunizierte AGLA / HerzCheck Resultat muss für Gesamtpopulationen (also nicht im Einzelfall) mit mindestens 1.4 multipliziert werden, um das Risiko für Herzinfarkt UND Schlaganfall zu erhalten und muss mit 2.5-5.5 multipliziert werden, um das Risiko für Herzinfarkt UND Schlaganfall UND weitere wichtige kardiovaskuläre Ereignisse wie Bypass-Operation oder PTCA-Eingriffe abzubilden.
Problem mit Folgen
Patientinnen und Patienten fühlen sich durch das AGLA / HerzCheck Resultat in falscher Sicherheit.
Es ist mit einer medizinischen Unterversorgung des kardiovaskulären Risikos zu rechnen.
Wir gehen davon aus, dass jährlich mehrere 1’000 Personen durch diese Kommunikationsprobleme vermeidbare kardiovaskuläre Ereignisse erleiden mussten.
Damit ist die Versorgungssicherheit beim AGLA- und HerzCheck Rechner nicht gewährleistet.
Problem Lösungsaktivitäten
Fachpersonen müssen retrospektiv auf das Mislabeling des Risikos ihrer Patientinnen und Patienten hinweisen und diese kontaktieren, falls eine falsche Kommunikation vorlag.
Sämtliches Kommunikationsmaterial muss auf den Fehler hin untersucht und entsprechend korrigiert werden.
Das Kommunikationsmaterial muss mit einer Warnung versehen werden für falsche Kommunikation vor 2021.
SRF PULS muss das Problem thematisieren und eine Richtigstellung publizieren (generell und zur Sendung vom 08.05.2017)
Es sind rechtliche Schritte in die Wege zu leiten.
Weitere Informationen
Einführung in die Problematik anhand einer Präsentation
Rechtsgutachten von Prof. Dr. Ueli Kieser, St. Gallen und Zürich
Briefentwurf der Varifo Stiftung an SwissMedic vom 13. Januar 2021
Wissenschaftlicher Beitrag zum Problem der relativen Inzidenz von Herzinfarkt und anderen kardiovaskulären Erkrankungen
CTT Studie mit Informationen zur relativen Häufigkeit von Hirnschlag und Herzschlag sowie koronaren Revaskularisationen (CTT-Endpunkt)
DETECT Studie aus Deutschland vergleicht verschiedene Risikorechner und zeigt auf, dass Herzinfarkte nur einen kleinen Anteil am Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen haben.
Varifo Stiftung Pressemitteilung